TAWA

Artist duo founded in 2023

TAWA explores the relationship between nature and technology according to a simple underlying formula. In each of the works, a species of animal is brought together with a piece of technology. How is our culture seen through the eyes of other creatures? How do snails see the world from above? Can goats solve a Rubik’s Cube? Can chickens be authors? Can chickens be keyboards? How do the steps of a water strider sound? How do control loops with moths work? Can magpies control robots? What if leafcutter ants learned how to sail? Can fish swim through equations? Is there a cat running over my keyboautkbuu.a-.vvv9oö-övö, aw-l iss

Links:
[Emma Sokoll..]
[Friedrich Weber Goizel..]

HUNDE
by TAWA
Emma Sokoll, Friedrich Weber Goizel
2023-2024

Seit der ersten Domestizierung des Hundes vor ca. 26.000 bis 19.700 Jahren hat der Mensch verschiedenste Hunderassen gezüchtet, die alle über ausgeprägte Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Spezialisierungen verfügen. Der gemeinsame Ursprung aller Rassen ist der Wolf. Die Hunde in ihrer heutigen Form sind angepasste, umgewandelte Interpretationen dieser Ursprungsform Wolf. Sie sind das letzte Glied in einer Reihe immer wieder geringfügiger genetischer Veränderungen, die zur heutigen Vielfalt geführt haben. Diese variable Künstlichkeit ist das Wesen des Hundes.

Die Arbeit übersetzt das Prinzip der Züchtung auf die Ebene der Sprache. Wie bei einer “Stillen Post” wird ein ursprünglicher Satz bei jedem Schritt ein wenig missverstanden und variiert, bis sich seine Bedeutung vielleicht sogar völlig verändert. Spricht man einen Satz in das Mikrofon, wird er von Google Translate in mehreren Iterationen von einer Sprache in die andere übersetzt und schließlich ausgesprochen.

SCHNECKEN
by TAWA
Emma Sokoll, Friedrich Weber Goizel
2023

Am Anfang jeder Arbeit steht fast immer ein Bild. Hier ist es das einer Schnecke, die hoch über dem Boden auf einer weißen Kugel sitzt, die an einer Drohne hängt. Die Idee ist, 17 Schnecken einmal die Möglichkeit zu geben, die Welt von oben zu sehen. Die Welt von oben, von außen, und nicht als etwas, das sie unmittelbar umgibt und bestimmt. Ihnen die Chance zu geben, einmal diesen objektiven Blick auf die Welt einzunehmen.

Machen wir uns einmal die Lebenswirklichkeit dieser Schnecken bewusst. Sie legen pro Tag nur wenige Meter zurück und ihre Fortbewegung ist äußerst ineffizient. In einer solchen Situation ist es von großem Vorteil, das eigene Haus direkt auf dem Rücken zu tragen. Betrachtet man den Alltag eines Lebewesens als eine Kombination aus sicherem Aufenthalt im Bau und Aktivitäten wie Nahrungs- und Partnersuche in der gefährlichen Außenwelt, so erspart sich die Schnecke durch ihre mobile Behausung viele Heimwege. Sie ist jedoch ein sehr bodenbewohnendes Tier, das durch seine Anatomie und Fortbewegungsweise fast mit dem Untergrund verschmilzt.

Darin unterscheiden wir uns kaum von der Schnecke. Auch unsere Lebenswirklichkeit ist weitgehend zweidimensional, der Traum vom Fliegen ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Die Überwindung dieser Erdgebundenheit und der eigenen Möglichkeitshorizonte findet in der Gestalt der Drohne ein inzwischen ikonisches Sinnbild. Wir können also beides: uns in die Schnecke und in die Drohne hineinversetzen. Aber es bleibt immer nur eine Vorstellung davon, wie es sich für sie anfühlen muss. Wir kommen nicht ganz heraus aus unserem eigenen Gedankenhaus, das wir immer bei uns tragen, unserem Rückzugsort in den uns vertrauten Umgang mit der uns umgebenden Umwelt. Von dort aus träumen wir davon, wie es wäre, dort oben zu schweben, sei es als Drohne, als Mensch oder als Schnecke.

HÜHNER
by TAWA
Emma Sokoll, Friedrich Weber Goizel
2023

Das Haushuhn ist das von uns Menschen am meisten gezüchtete Tier. Hühner gibt es auf der ganzen Welt, und doch stammen sie alle von einer einzigen Wildart aus Nordindien ab. Bei den meisten Hühnern ist die Vorstellung vom freien, ungebundenen Vogel das genaue Gegenteil ihrer Realität. Sie werden zur Fleisch- und Eierproduktion gehalten und gemästet und sind damit der Inbegriff des Nutztiers schlechthin. Selbst unter fairen Bedingungen ist es ihr Wesen, zu picken und zu fressen, um ein Produkt hervorzubringen.

Dies ist auch der Ausgangspunkt unserer Arbeit. Auch hier produzieren sie durch ihr Picken ein Produkt in Form eines Textes. Die drei Hühner, die wir dafür verwenden, heißen Esmeralda, Gabi und Anastasia und gehen sehr unterschiedlich mit dem von uns geschaffenen Setting um. Die drei erinnern uns immer wieder daran, dass Lebewesen Charaktere sind, die zwar derselben Spezies angehören, aber sehr unterschiedliche Sichtweisen und Umgangsweisen mit der Welt haben. In der Welt der Hühner bilden sie eine Ausnahme, da sie aus reiner Freude an ihnen gehalten werden und erst durch TAWA den Rahmen eines Nutztieres erhalten. Ihr Nutzen besteht darin, Text zu picken und damit zufällige Eingaben zu generieren.

Es geht nicht darum, den Hühnern eine Stimme oder einen Ausdruck zu verleihen. Ihre zufälligen Eingaben werden von einem Autokorrekturprogramm zu Wörtern zusammengesetzt. Das Programm speist seinen Wortschatz aus George Orwells 1945 erschienener Fabel “Farm der Tiere”. Das so generierte Textprodukt kann keinem bestimmten Autor zugeordnet werden. Er spiegelt weder einen Gedanken oder ein Interesse der Hühner wider, noch ist er von einem Algorithmus generiert oder spiegelt die Idee von uns als Kunstschaffenden wider. Er entsteht aus der Interaktion der beteiligten Akteure als Inhalt ohne Autor.

NACHTFALTER
by TAWA
Emma Sokoll, Friedrich Weber Goizel
2023

Je ausgeglichener ein System ist, desto empfindlicher reagiert es auf äußere Einflüsse. Es entwickelt eine Art Sensibilität gegenüber der Umwelt und befindet sich in einem fragilen Schwebezustand, der schnell aus dem Gleichgewicht geraten kann.

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Regelkreis zu schaffen, der sowohl technische als auch natürliche Elemente enthält, die sich gegenseitig bedingen. Dazu wird ein Ballon so weit mit Helium gefüllt, dass er sanft nach oben schwebt. Er trägt kleine LEDs, die ihn weiß-blau leuchten lassen, sowie einen Infrarot-Distanzsensor. Der Sensor zeigt nach unten und schaltet die LEDs aus, wenn der Ballon sinkt.

Setzt man dieses Paar in einer Spätsommernacht in lichten Eichenwäldern am Waldrand aus, lockt der UV-Anteil des Lichts nach einiger Zeit große Nachtfalter an. Sie bilden den letzten Teil des Zyklus. Vom Licht angezogen, lassen sie sich auf dem Ballon nieder. Durch ihr Gewicht sinkt der Ballon langsam nach unten. Wenn er sich dem Boden nähert, erlischt das Licht und die Motten fliegen wieder weg. Der Ballon steigt wieder auf, leuchtet, und der Kreislauf beginnt von neuem.